Windenergie boomt immer weiter. Besonders vor den Küsten in Nord- und Ostsee (offshore) entstehen die leistungsstärksten Windparks, denn dort wehen fast immer kräftige Winde. Hunderte solcher Kraftprotze von Turbinen wollen ihren elektrischen Strom ins Netz einspeisen, aber geht das immer so einfach?
Manchmal muss der Strom zwischengespeichert werden
Wir dürfen davon ausgehen und das hat der Gesetzgeber in Deutschland so vorgesehen, dass der Anteil erneuerbarer Energien, dazu gehört insbesondere die Windenergie, noch längere Zeit immer weiter steigen wird. Das ist politisch so gewollt, denn mit Blick auf die Klimaentwicklung muss dies theoretisch ein Gewinn sein. Aber wenn wir das nationale Stromnetz betrachten, sehen wir einen „kranken Mann“, dessen Zustand sich „im Wind“ immer weiter verschlechtert. Man behilft sich damit, dass die Windturbinen immer dann, wenn sie von starken Winden so richtig gedreht werden, einfach vom Netz abgekoppelt werden.
Das ist eine wirklich irritierende Maßnahme, wurden doch die Offshore-Anlagen durch Milliarden Investitionssummen, die die Stromkunden bezahlen müssen, mühsam unter widrigen Bedingungen installiert, um sie immer dann abzuschalten, wenn sie so richtig Gewinne einfahren (könnten). Haben denn die Menschen das logische Denken verlernt? Nicht ganz, sie wissen sich nur nicht besser zu helfen, denn plötzlicher und massiver Überschuss an elektrischer Energie kann durch die heute vorhandenen Stromleitungen nicht schnell genug abtransportiert werden. Das Netz würde sich überladen und im wahrsten Sinne des Wortes durchglühen.
Pumpspeicherwerke haben sich bewährt
Nach dem Grundprinzip der bewährten Pumpspeicherwerke planen nun die Wissenschaftler neuartige Speichertechniken, und zwar genau dort, wo auch die Energie erzeugt wird, also mitten im Meer.
Erinnern wir uns zunächst an das Prinzip eines Pumpspeicherwerks: Immer dann, wenn die Kraftwerke sehr viel elektrische Energie netto produzieren (können), weil es weniger Verbraucher gibt, das ist meistens nachts der Fall, dann werden große Pumpen in Gang gesetzt, um enorme Wassermengen in einen höher gelegenen Speichersee zu befördern. Wenn dann am Tage von vielen Betrieben in der Region gleichzeitig wieder mehr Energie gebraucht wird, als die zugeschalteten Kraftwerke produzieren können, dann besteht die Möglichkeit, das Wasser über umfängliche Rohrsystem wieder aus dem Speichersee nach unten fallen zu lassen, wobei dabei Turbinen durch die kraftvolle Wasserströmung angetrieben werden. Auf diese Weise lassen sich auch starke Schwankungen im Stromnetz sehr effektiv ausgleichen.
Aber wie könnte wohl ein Pumpspeicherwerk auf dem Meer aussehen, wo es doch gar keine Höhenunterschiede gibt? Genau an dieser Fragestellung arbeiten Forscher der Fraunhofer-Institute in Kooperation mit dem Bauunternehmen Hochtief im Rahmen des Projekts STENSEA (Stored Energy in the Sea). Als Energiespeicher dienen in diesem Fall riesige Hohlkugeln aus Beton, die auf dem Meeresgrund verankert werden. Funktionieren soll das Ganze so:
Wenn elektrischer Strom gebraucht wird, müssen die Kugeln geflutet werden. Das darin einströmende Wasser treibt dann eine Turbine an und zusätzlicher elektrischer Strom kann ins Netz eingespeist werden. Hierzu können die Seekabelverbindungen der Offshore-Windparks verwendet werden. Wenn aber das Netz an Strom „zu ersticken“ droht, kann diese überschüssige Elektrizität dazu verwendet werden, Wasser aus den Hohlkugeln heraus zu pumpen. Jede dieser Speicherkugeln mit einer Leistung von 20 Megawatt hat einen Durchmesser von 30 Metern.
Experten haben abgeschätzt, dass Deutschland zur Sicherung der Stromversorgung mindestens eine nationale Speicherreserve von vier Gigawatt bereitstellen müsste. Dies würde in etwa 200 dieser riesigen Betonkugeln im Offshore-Bereich entsprechen.
Erste Modellversuche mit Beton-Hohlkugeln haben das Konzept bestätigt
IWES steht für Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik. Dessen Forscher haben im Bodensee ein Pilotprojekt im Maßstab 1:10 durchgeführt. Drei Meter große Hohlkugeln aus Beton wurden zu diesem Zweck Anfang November 2016 bei Überlingen bis in 100 Meter Tiefe verfrachtet. Vier Wochen lang wollten die Wissenschaftler und Ingenieure ihre Erfahrungen machen mit dem Ein- und Ausströmen von Wasser.
Vor Kurzem nun kam die gute Nachricht, dass das Experiment gute Ergebnisse zeigte. Das Wissenschaftler-Team um den Projektleiter Matthias Puchta aus Kassel konnte nachweisen, dass das Speichern elektrischer Energie unter Wasser realisierbar ist. Inzwischen wurde die 20 Tonnen schwere Steinkugel mithilfe eines Bergungsschiffs aus dem Wasser gefischt, um sie in den Industriehafen Hard zu verbringen. Unter Verwendung eines Autokrans wird die Betonkugel schließlich ins Institut in Kassel gebracht.
Zurück in die Zukunft
Der nächste Schritt wird eine noch größere Kugel sein, die im Meer versenkt noch viele weitere Tests zu bestehen hat. Erst danach ist an eine kommerzielle Nutzung des Verfahrens zu denken. Ein wichtiger Aspekt wird dabei die Standortauswahl sein, die ihren Fokus durchaus auch auf die Fjorde Norwegens oder bestimmte Buchten in Südeuropa richtet. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis wird zum Beispiel dadurch begünstigt, wenn bereits eine geeignete Infrastruktur in der Nähe vorhanden ist. Mit den ersten Experimenten auf dem Meeresgrund ist in ungefähr vier Jahren zu rechnen, das erste Unterwasser-Pumpspeicherwerk wird voraussichtlich in spätestens zehn Jahren Realität sein.
Fazit:
Diese Art Pumpspeicher auf dem Meeresboden ist eine unverzichtbare Komponente der Energiewende, denn wegen der starken Schwankungen in der Leistungsdichte der erneuerbaren Energien brauchen wir einen ausreichend dimensionierten Energiespeicher nahe am Ort des Geschehens.